Fortbestehensprognose
ALLGEMEINE ERLÄUTERUNG
Nach dem zweistufigen Überschuldungsbegriff, wie ihn der OGH seit der Grundsatzentscheidung SZ 59/216* in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa auch: OGH 1Ob655/86 vom 3.12.1986) vertritt, ist die RECHNERISCHE ÜBERSCHULDUNG (das Überwiegen der Passiven über die Aktiven) von der INSOLVENZRECHTLICHEN ÜBERSCHULDUNG zu unterscheiden. Diese liegt nicht vor, wenn es für die Gesellschaft eine POSITIVE FORTBESTEHENSPROGNOSE gibt, in der die Lebensfähigkeit / der Fortbestand der Gesellschaft unter Bedachtnahme auf eingeleitete Sanierungsmaßnahmen hinreichend, das heißt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, dargelegt wird.
Der insolvenzrechtlich relevante Tatbestand der Überschuldung wird durch eine POSITIVE FORTBESTEHENSPROGNOSE beseitigt und erlaubt dem sorgfältigen Geschäftsführer insoweit die Durchführung einer AUSSERGERICHTLICHE UNTERNEHMENSSANIERUNG.
Hinsichtlich des Aufbaus und des Inhalts von Fortbestehensprognosen hat sich in den letzten Jahren ein adäquater Standard etabliert, der in mehreren LEITFÄDEN UND RICHTLINIEN dokumentiert ist. Diese empfohlenen Fachmeinungen haben große Anerkennung erfahren und werden häufig von Wirtschaftsprüfern und Banken vorausgesetzt. Die Empfehlung lautet, sich an diesen durchaus praxisnahen Leitfäden zu orientieren, umso mehr als genügend Freiraum für pragmatische Ansätze und zur Berücksichtigung aller Besonderheiten der Unternehmen (z.B. Größe, Branche, Finanzierung) vorhanden ist.
Relevante Leitfäden sind:
- Leitfaden der WKO 2016
- IDW-Standard S6 (Institut der Wirtschaftsprüfer)
Droht eine rechnerische Überschuldung oder liegt diese bereits vor, verlangen Banken (Prolongation von Finanzierungen) und Wirtschaftsprüfer regelmäßig die Vorlage einer Fortbestehensprognose. Gerade bei guter Sanierungsfähigkeit der Gesellschaft geht unsere Empfehlung dahin, diesem voraussichtlichen Begehren durch PROAKTIVES HANDELN zuvorzukommen. Die Beiziehung eines geschulten Beraters bei Erstellung und Präsentation der Fortbestehensprognose kann deren Glaubwürdigkeit und damit Akzeptanz wesentlich verbessern.
Die Fortbestehensprognose mit ihren strukturierten, zukunftsgerichteten Modulen, wird immer häufiger auch als ein Instrument zur KRISENFRÜHERKENNUNG und der INSOLVENZPROPHYLAXE eingesetzt. Gerade der immanente STRATEGIE- UND PLANUNGSPROZESS trägt dazu bei, ein klares Bild über die tatsächliche Lage des Unternehmens zu erhalten und erkennen zu können, ob sich eine Krise abzeichnet.
PFLICHT ZUR ERSTELLUNG
Jeder Unternehmer gem. UGB (Geschäftsführer bei GmbH) ist grundsätzlich verpflichtet, bei der Aufstellung des Jahresabschlusses eine Beurteilung des Fortbestehens des Unternehmens („going concern-Prämisse“) vorzunehmen.
Die Erstellung einer Fortbestehensprognose im insolvenzrechtlichen Sinn ist für jene Rechtsträger von Bedeutung, die vom Anwendungsbereich des § 67 IO erfasst sind. Dies sind juristische Personen, eingetragene Personengesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, sowie Verlassenschaften.
Nachstehend sind typische Sachverhalte und Indizien aufgezählt, die einen sorgfältigen Geschäftsführer jedenfalls zur Beibringung eines formellen Nachweises zum Fortbestehen seines Unternehmens veranlassen sollten. In diesen Fällen ist daher die Erstellung einer detaillierten Fortbestehensprognose dringend empfohlen und geboten:
- Negatives Eigenkapital im (Entwurf des letzten Jahresabschluss)
- Verlust des halben Nennkapitals, bei anhaltend negativen Ergebnissen
- Deutlich erkennbare Krisensymptome (finanzielle und/oder betriebliche Umstände), die eine weitere Verschlechterung der Unternehmenssituation erwarten lassen müssen und bei anhaltend negativen Ergebnissen zu einem Aufzehren des Eigenkapitals im nächsten Jahr führen könnten.
Bestandteile
Analyse
- Erfolgsentwicklung
- Bilanzentwicklung
- Liquiditätsentwicklung
- Verlustursachen
Massnahmen
- ertragswirtschaftliche
- finanzwirtschaftliche
- organisatorische und strategische Restrukturierung
Planung
- Erfolgsplanung
- Finanzplanung
- Planbilanz
- Zukunftsaussichten
Prognose
Primärprognose | Sekundärprognose | |
Fokus | Liquiditätsentwicklung | Erfolgs-, Finanz- & Bilanzentwicklung |
Ziel | Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit* | Turn Around mit Wiederherstellung der Ertragskraft & finanziellen Stabilität** |
Zeitraum | 6-12 Monate | 2-3 Wirtschaftsjahre |
Planungsperioden | Monat | Quartal bzw. Jahr |
* Zahlungsfähigkeit muss während des gesamten Beobachtungszeitraums gesichert sein (vgl. OGH SZ 59/216; 61/122) | **Wiederherstellung eines positiven Vermögensstandes (positives Eigenkapital in JA, Beseitigung der rechnerischen Überschuldung) keine Voraussetzung einer positiven Fortbestehensprognose mehr (vgl. Prof. Karollus) |
Anforderungen / Inhalte
Nr. | Anforderung Fortbestehensprognose gemäß Leitfaden | |
Analyse | 1 | Lagebeurteilung der Unternehmenssituation (Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage) |
2 | Lagebeurteilung der gesamtwirtschaftlichen Rahmensituation und der Branchenentwicklung | |
3 | Feststellung des Krisenstadiums und Krisenursachenanalyse | |
Primärprognose | 4 | Darstellung des Finanzplans samt Erläuterungen (6-12 Monate) |
Sekundärprognose | 5 | Darstellung des Sanierungs- oder Unternehmenskonzepts |
6 | Darstellung einer darauf basierenden integrierten Planungsrechnung für den Prognosezeitraum (Erfolgs-, Finanz- und Bilanzplanung) | |
7 | Darstellung der Finanzierungsmaßnahmen und allfälliger externer Sicherstellungen für Gläubiger | |
8 | Angaben zur Umsetzung und Kontrolle des Sanierungs- oder Unternehmenskonzepts | |
Prognoseergebnis | 9 | Begründete Aussage über die Fortführung der geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen |
Ergebnis
Die Fortbestehensprognose hat im Ergebnis eine begründete Aussage darüber zu treffen, ob das Unternehmen in Zukunft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung seiner Zahlungsverpflichtungen fortführen kann.
Unsere Leistungen
- Erstellung von Fortbestehensprognosen nach anerkannten Methoden (Kammer der Wirtschaftstreuhänder Österreich, KMU Forschung Austria (2016), Leitfaden Fortbestehensprognose – Gemeinsame Stellungnahme, IDW Leitfaden (D))
- Einsatz erfahrener und zertifizierter Sanierungsberater
- Nachvollziehbare und objektive Entscheidungsgrundlage für Geschäftsführer und Kapitalgeber
- Begleitung in der Umsetzungsphase und im Controlling